Weiter zum Inhalt


Versuch einer transnationalen Übung
in Deutsch, Hebräisch und Dari
7 - komme ich an ?

JOURNALS OF EXILE richtet die Aufmerksamkeit auf 14 Jahre Flucht und Exil des schreibenden Kollektivs Bertolt Brecht, Helene Weigel, Elisabeth Hauptmann, Margarete Steffin,
Ruth Berlau, Hella Wuolijoki, Asja Lacis und anderen. Stunden nach dem Reichstagsbrand mussten sie eine Flucht antreten, die sie einmal um die Erde führte, kämpfend mit den Mitteln der Kunst gegen Isolation und politische Ohnmacht. Nicht alle kamen zurück. Um die Frage, wer wird, wer muss zurückgelassen werden, wer ist bereit zurück zu bleiben, geht ein altes Nô-Theater-Stück, das Elisabeth Hauptmann für Brecht übersetzte.

JOURNALS OF EXILE ist nach anderthalbjährigem Kampf um die Künstlerinnen des afghanischen Simorgh-Theaters die erste gemeinsame Arbeit der KULA Compagnie mit Tahera Rezaie,
Mahuba Barat, Azar, Masouma Adell, Zainab Qadiri, Fariba Baqeri und Zahra Barat.
Es ist der Beginn einer Sammlung von Stimmen und Bewegungen eines heute nur global zu denkenden Chores.

Mit Künstlerinnen und Künstlern der transnationalen KULA Compagnie
und des Simorgh Theater Herat, Afghanistan.
Realisation Robert Schuster
Produktion KULA Compagnie in Zusammenarbeit mit der Akademie der Künste, Berlin
Gefördert vom Hauptstadtkulturfonds Berlin

Azar
Mahbuba Barat
Zahra Barat
Fariba Baqeri
Hadar Dimand
Jonas Schlagowsky
Tahera Rezaie
Klang und Musik Max Bauer
Bühne und Kostüme Sascha Gross
Fanni Wöltje / Masouma Adell
Regieassistenz und Übertitelung Hutham Hussein
Dramaturgische Beratung Holger Teschke
Videotechnik Nicola Munerati Faes
Licht Felix Seidel / Joel Rörig
Produktion Eric Nikodym / Mareike Lehne
Translation Homan Wesa / Mahdi Zamani

Bevor das Spiel im Spiel, die zweite Ebene, das Theater als Spielraum beginnt, werden zwei junge Frauen in blauer Bundeswehrtrainingskleidung auf die Bühne gebeten: Mahuba und Zarah Barat sind vor zwei Wochen in Deutschland angekommen. Sie sind Stipendiatinnen der Akademie der Künste. Als sie die Bühne betreten, weint Mahuba lang und still. Nicht nur hier bricht die Realität ein. Immer wieder durchkreuzen sich die Ebenen, dringt das Persönliche in die Geschichte des Spiels. Was immer wieder deutlich wird, ist die Komponente der Realität, die durchschießt. Und dafür eignet sich das Lehrstück umso besser. Das erklärte Ziel des Theaterabends, nicht das Ansehen, die „Rührung“, sondern das geteilte Tun, der Aktivismus als gemeinsame Praxis, wird am Abend in verschiedenen Elementen deutlich. Theater der Zeit 31.3.2023

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Flucht, und was passiert mit jenen die nicht fliehen können ? Die afghanische Schauspielerin Tahera Rezaie lebte monatelang ohne Papiere im Iran... Der Ja-sager und der Nein-sager sind Lehrstücke von Brecht aus dem Jahr 1930 auf Grundlage eines traditionellen, japanischem Nô-Stücks. Mit maskenartig weißen Gesichtern, leuchtend blauen Gewändern und live verfremdeten Geräuschen knüpfen die Schauspieler:innen auf der Bühne an Nô-Formen an.... Doch mittendrin rufen zwei junge Afghaninnen aus dem Publikum etwas auf die Bühne. Es sind die Schauspielerinnen Mahuba und Zahra Barat, vor zwei Wochen als Stipendanten der Akademie der Künste nach Deutschland gelangt. Hinter Ihnen liegen 19 Monate Flucht, in all der Zeit haben Sie und Ihre Schwester vom Theater geträumt... Minutenlang stehen die beiden schweigend, mutmaßlich seit Jahren das erste Mal unbedroht, auf einer Theaterbühne. Der einen laufen Tränen über das Gesicht. Ein ergreifender, einzigartiger Moment und ein performativer Trick, der aufregend gut zu Brechts epischem Theater passt... Eingebettet in der Inzenierung Journals of Exile entfaltet das Stück universelle Symbolik. Gegenwart und Vergangenheit spiegeln sich. Flucht und Exil zeigen sich als ewige menschliche Grundkonstanten. Wen sie trifft, wem sie gelingt und wem nicht, bleibt am Ende reiner Zufall. Deutschlandfunk 28.3.2023 Theater in Zeiten von Flucht und Vertreibung